Am 01.01.2023 tritt das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (BGBl. I 2021, 882) in Kraft. Durch das Gesetz werden das Vormundschaftsrecht sowie das Betreuungsrecht neu strukturiert und inhaltlich modernisiert.

Ziel des Gesetzes ist es, das Selbstbestimmungsrecht betroffener Menschen zu stärken und die Qualität der gesetzlichen Betreuung zu verbessern.

Neben dem Notvertretungsrecht für Ehepaare (siehe vorheriger Beitrag) wird ein Betreuungsregister eingeführt. In diesem Register müssen berufliche Betreuer registriert sein, um tätig zu werden.

Für die Bewerbung zur Registrierung müssen die Betreuer:

  • die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit,
  • ausreichende Sachkunde für die Tätigkeit als beruflicher Betreuer,
  • eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen.

Die Rechtsstellung, Aufgaben und Pflichten von beruflichen und ehrenamtlichen Betreuern, Betreuungsbehörden und Betreuungsvereinen regelt zukünftig das neu geschaffene Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG). Es ersetzt das bisher geltende Betreuungsbehördengesetz.

Ein Schlaganfall, Herzinfarkt oder Unfall kommt plötzlich – und bisher durften ohne Vollmacht nicht einmal Ehepartner im Notfall Entscheidungen für einander treffen.

Das ändert sich mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht, das am 01.01.2023 in Kraft getreten ist.

Nun sieht das BGB eine gegenseitige gesetzliches Vertretung der Ehegatten für Notfälle vor. Das gilt für einen Zeitraum von sechs Monaten. In diesem Zeitraum sollte eine weiterführende Lösung, z.B. über eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung gefunden werden.

Die Ehepartnerin oder der Ehepartner haben im Ernstfall folgende Rechte:

  • Sie dürfen in Untersuchungen, ärztliche Behandlungen sowie Heilbehandlungen einwilligen.
  • Sie haben ein Recht darauf, ärztliche Untersuchungen sowie Eingriffe abzulehnen.
  • Sie können ärztliche Aufklärungen entgegennehmen.
  • Sie dürfen Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge zu einer Pflege- und Rehabilitationseinrichtung abschließen und durchsetzen.
  • Sie entscheiden über freiheitsentziehende Maßnahmen sowie Unterbringung. Die Dauer ist hierbei auf sechs Wochen begrenzt.
  • Sie dürfen Ansprüche geltend machen, die aus Anlass der Erkrankung entstanden sind (Bsp. Schmerzensgeld).
  • Ärzte und Therapeuten sind von der Schweigepflicht entbunden und dürfen somit Informationen an den Ehepartner weitergeben.

Das neue Ehegattenvertretungsrecht gilt ausschließlich für Ehepaare, nicht für sonstige Verwandte oder Angehörige.

Das neue Vertretungsrecht gilt jedoch nicht immer. Zum Beispiel gilt es dann nicht, wenn Sie als Ehepaar getrennt leben oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass Sie eine Vertretung durch den Partner ablehnen.

Die Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung sind weiterhin wichtig!

Eine schriftliche Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung schaffen in jedem Fall Rechtssicherheit. Das Notvertretungsrecht für Ehepaare ist, wie der Name sagt, eine praktische „Not“-Lösung. Sie ist auf einen Zeitraum von sechs Monaten begrenzt.

Falls Sie nicht wünschen, dass Ihr Ehepartner Sie vertritt, sollten Sie eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung erstellen, um einer anderen Vertrauensperson diese Rechte zu erteilen.

Für alle anderen Verwandten wie z.B. Kinder oder für nicht verheiratete Paare, ändert das neue Gesetz nichts, so dass eine Vorsorgevollmacht nötig ist, um die gesetzliche Vertretung im Bedarfsfalle zu regeln.